Sonntag, 11. Mai 2008

"Heldentod im Pfarrheim" - Das Video zum Skandal um das Kinder-Kriegsspiel. Inklusive historischem Fehlgriff.

Für einen handfesten Skandal hat eine Gruppe Schongauer Grundschüler bei einem deutsch-türkischen Kinderfest im Peißenberger Pfarrssaal gesorgt. Unter dem Lärm von Maschinengewehrfeuer und Bomben sind die Kinder in Erinnerung an den türkischen Sieg bei der Schlacht von Gallipoli auf der Bühne den "Heldentod" gestorben. Der Vater von zweien der Kinder hatte dieses martialische Spiel im türkischen Fernsehen gesehen und mit den Kleinen einstudiert. Wir präsentieren: Das Video zu diesem Kinder-Kriegsspiel. Inklusive eines militärgeschichtlichen Fehlers.

Aber der Reihe nach:

So berichtet der Münchner Merkur über den Skandal:

Eklat um „Heldentod Aufführung“ bei deutsch-türkischer Feier

Peißenberg. Bei einem deutsch-türkischen Kinderfest in Peißenberg ist es zu einem Eklat gekommen: Zehn türkische Grundschüler aus Schongau stellten auf der Bühne den „Heldentod“ fürs Vaterland nach – sie liefen unter dem Lärm von Maschinengewehren in Kampfanzügen über die Bühne und stellten sich einer nach dem anderen tot, bis nur noch die türkische Fahne aufrecht stand.

Sowohl deutsche als auch türkische Gäste reagierten empört. „So etwas sollten doch keine Kinder machen“, sagte Harun Gök einer der Organisatoren des Kinderfestes. Auch der Leiter der Preißenberger Grundschule war geschockt: „Es war pervers, vor allem weil die Aufführung unter dem Motto Frieden für die Welt stattfand.“ Mittlerweile hat sich auch das türkische Generalkonsulat in München eingeschaltet.

Organisiert wurde das umstrittene Spiel von Murat Simsek, einem Vorstandsmitglied des Schongauer Ortsvereins der Türkisch-islamischen Anstalt für Religion DITIB. Er habe vor zwei Monaten so eine Inszenierung im türkischen Fernsehen zum Tag der Gefallenen gesehen und sich gedacht, „So etwas ist ganz einfach nachzuspielen.“.

Schulleiter Ende sieht dieses Schauspiel als Ausdruck einer fanatischen Ideologie: „Wie weit ist es noch vom heroischen Sterben für die türkische Fahne bis zum terroristischen Sterben für den Islam?“


Und dieses Video (ca. 10 Minuten) diente dem patriotschen Papa wohl als Vorlage:



Wie man so etwas findet?

Recht simpel: Bei Youtube einfach das türkische Wort für Gallipoli, also "Canakkale" eingeben sowie das türkische Wort für Kinder, also "cocuk".

Einen groben Schnitzer in Sachen Kriegsgeschichte leistet sich diese Aufführung: Eines der Kinder fuchtelt mit der Nachbildung einer russischen Kalaschnikow-MG vom Typ AK47 herum (zu sehen ab 3.16 Minuten im Clip).



Eine AK47. Bildquelle: wikipedia

Nun ist aber dank wikipedia hinreichend bekannt, dass ein Prototyp der AK47 erst 1946 gebaut wurde und das Ding ab 1947 in der Sowjetunion in Serie produziert wird. Und die Schlacht von Gallipoli/Canakkale fand bereits in den Jahren 1915/16 statt. Bleibt also nur zu hoffen, dass die Schongauer Gruppe im Peißenberger Pfarrheim nicht den gleichen Fehler gemacht hat. Ansonsten gilt für den Organisator des Spiels: Setzen, in Geschichte durchgefallen!

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