Montag, 29. September 2008

CSU-Wahldebakel: Das schreiben die Blogs



Quelle: http://www.flickr.com/photos/29376847@N06/2899173938/

Hochgeladen vom User lars.ludolph


Wie kommentieren die deutschen Blogs das Wahldebakel der CSU? Ansage hat einige Stimmen aus der Blogosphäre gesammelt:

Gastgewerbe Gedankensplitter, das seit langem gegen das von der CSU durchgesetzte Rauchverbot wettert, freut sich natürlich über deren Wahldesaster - und eine CSU-Koalitionsregierung mit der raucherfreundlichen FDP:

„Bayern jagt Rauchverbots-CSU zum Teufel“

Bei den bayerischen Kommunalwahlen hat sich angedeutet, daß die CSU wegen des bayerischen Rauchverbots in die Fresse bekommt, auch wenn die abgestraften CSU-Kommunalwahlkämpfer ja gar nicht die direkte politische Verantwortung tragen, sondern erste einmal nur stellvertretend verprügelt worden sind. [...]

Heute hat die CSU bei den Landtagswahlen die Quittung bekommen. Sie hat fast jeden Dritten ihrer Wähler von früher verloren und muß nun in den sauren Apfel beißen, mit einer der beiden Konkurrenten zu koalieren, die sich vehement gegen das Rauchverbot ausgesprochen haben."


Der CSU Blogger reagiert einerseits mit Entsetzen auf die Wahlniederlage, andereseits auch mit Hoffnung auf eine personelle Erneuerung:

Watschen für die CSU

Also ich würde nicht von einer Katastrophe sprechen - darunter verstände ich einen wie üblich hyperventilierenden Franz Maget als bayerischen Ministerpräsident einer Vier-Parteien-Koaltion - aber es war und ist eine deutliche Watschen für die CSU. Man muss jetzt der Partei und ihren Gremien die Zeit und Ruhe geben, deutliche Konsequenzen zu planen und durchzuziehen.Gerne geben wir einige Stichworte:

- Junge, charismatische Gesichter - möglichst weit vorne auf der politischen Bühne - braucht die Partei, die für konservative Inhalte mit “Wir”-Gefühl stehen (damit meine ich nicht unsere Generalsekretärin, tut mir leid). [...]

- Die Personaldiskussion mag ich ungerne anheizen, aber warum ein Parteivorsitzender unbedingt gleichzeitig Finanzminister sein muss oder danach gewählt wird, weil er halt besser mit der Fraktion kann als der andere Kandidat, der bei der Basis ungemein beliebt ist und eine deutlich bessere und angenehmere Außenwirkung zeigt, erschließt sich mir nicht ganz. Und den Söder mag ich zwar nicht, aber der ist medienerfahren und solange er unverwackelt ein konservatives Profil hat, soll er ruhig mehr Verantwortung bekommen.

- Bayern braucht im Bund wieder mehr Gewicht und Gesicht. Die Ausgangssituation dafür hat sich jetzt verschlechtert, allerdings sollten CSU und FDP (wir unterstellen einmal diese Konstellation, alles andere wäre nahe am politischen Selbstmord) sich gemeinsam ihrer Verantwortung gewahr sein, dass ihr Bündnis für das Modell steht, das 2009 Schwarz-Rot ablösen soll. [...]

manche Reaktionen erinnern an eine mustergültige Ehe, in der die Frau nach über 40 Jahren zum Scheidungsanwalt rennt, weil sie die kleinen Marotten ihres Mannes nicht mehr aushält.

Auf jeden Fall gilt es jetzt nach vorne zu schauen und die Weichen für eine christlich-soziale Zukunft in Bayern zu stellen.


Klausens Blog gibt sich lyrisch und kommentiert das Wahldesaster mit einem ziemlich verquasten Gedicht:

EWIGER ERKENNTNIS-NIMBUS

Wo uns die absolute Mehrheit
Dann doch zur einer relativen wird
Der Nimbus der Unbesiegbarkeit mal
Ganz einfach neu gedacht werden müssen
Denn Philosophen in die Partei eintreten?


Der Blog cdu-politik.de kommentiert die erdrutschartigen Verluste völlig fassungslos:

Katastrophe in Bayern
[...]
Minus 17 Prozent - die CSU in Bayern wurde kalt erwischt: die Gewichte im bürgerlichen Lager verschieben sich deutlich. Obwohl die SPD das schlechteste Wahlergebnis aller Zeiten kassiert hat, gibt es in diesen Stunden nur eine Nachricht: CSU bei kaum 43%. Die Partei, die Bayern stark gemacht hatte, wurde deutlich abgestraft.


Auf der Achse des Guten meint Richard Wagner, dass Beckstein und Huber für den Stoiber-Sturz abgestraft wurden:

Auch in Deutschland freut man sich gerne öffentlich. Ab und zu sogar aus gutem Grund. So haben sich auch am gestrigen Abend nicht wenige gefreut. Und worüber? Über die Abwahl in Bayern natürlich. Manch einer hat sich so gefreut, dass man denken konnte, einer seiner Lebensträume sei in Erfüllung gegangen. Als sei Franz Josef Strauß persönlich, wenn auch nur in Effigie, zur Strecke gebracht worden.

Waidmannsheil! Die erlegten Platzhirsche aber sind, wie man’s auch drehen und wenden mag, doch nur die beiden aus Film und Fernsehen bekannten Hanseln mit der Maß: Beckstein und Huber. Sie haben den Aufstand gegen den Übervater Stoiber geprobt, die Palastrevolte gewonnen und das Ergebnis beim Vox-Populi-Spiel verloren.


Ebenfalls auf der Achse des Guten kritisiert die ehemalige DDR-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld den Umgang der Medien mit der SPD am Wahlabend: Trotz des schlechtesten Landtagswahl-Ergebnisses der Nachkriegsgeschichte hätten Journalisten sich lächerlich gemacht, indem sie Franz Maget ernsthaft mit dem Begriff Regierungsbildung in Verbindung brachten. Chapeau Frau Lengsfeld! Da ist was Wahres dran.

Die Wahl in Bayern haben die Nichtwähler entschieden. Nicht nur die Wahlergebnisse für CSU und SPD erreichten einen historischen Tiefstand, auch die Wahlbeteiligung war so gering wie noch nie seit 1949. Diese Tatsache wurde in keiner der vielen Wahlsendungen des heutigen Abends thematisiert. Statt dessen konzentrierte sich das Öffentlich-Rechtliche Fernsehen ernsthaft auf die absurde Frage, ob die SPD, der es gelungen war, das verheerende Ergebnis der letzten Landtagswahl noch einmal zu unterbieten, nicht eine „Mehrheit gegen die CSU“ bilden solle. Dass ein Spitzenkandidat, der seiner Partei zweimal hintereinander ein Desaster bescherte, ernsthaft einen Auftrag zur Regierungsbildung bekommen zu haben glaubte, war lächerlich. Diese Peinlichkeit wurde nur übertroffen von öffentlich-rechtlichen Journalisten, die immer wieder die Frage nach einer Regenbogenkoalition stellten, statt Maget sanft, aber entschieden auf die demokratischen Spielregeln hinzuweisen. Besser noch, sie hätten ihn gar nicht vor die Kamera lassen dürfen, denn der SPD-Mann wirkte, als hätte er Drogen genommen. [...]


Sebbis Blog kommentiert:

Die CSU verliert ja doch ziemlich deutlich

Wie von den meisten vorhergesehen verliert die CSU in Bayern deutlich Stimmen. Fast 18 Prozentpunkte weniger … tja, Beckstein/Huber (und Söder) sind halt keine Stoibers :/


Jens Coldeweys Blog verfasst gar den "Nachruf auf eine Staatspartei".Tenor: Die CSU ist an ihrer eigenen Arroganz gescheitert.

Man scheint noch nicht auf die Idee gekommen zu sein, dass die Wähler die Nase schlichtweg davon voll hatten, für dämliches Stimmvieh gehalten zu werden, dass man die Zukunft der Kinder nicht weiter einem erstarrten bürokratischen Schulsystem opfern wollte und dass der an Missachtung des Parlaments grenzende Umgang mit der Opposition nur noch von Arroganz und Abgehobenheit zeugte. Wie wichtig der CSU der einzelne Wähler war, konnte ich selbst feststellen: Auf meine Anfrage an den örtlichen CSU Kandidaten Markus Blume, wie er denn als Landtagsabgeordneter seinen Einfluss auf Bundeszuständigkeiten auszuüben gedenke, um sein “Steuerkonzept” umzusetzen (”Volle Pendlerpauschale, mehr Kindergeld, niedrigere Steuern — Dafür setze ich mich ein.”), welche landespolitischen Position er denn vertrete und auf welche Art die unter dem Slogan “Mehr Netto für Alle” angekündigten Steuergeschenke denn gegenfinanziert werden sollten, warte ich noch heute auf Antwort…

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